Rüdiger Rossig | Journalist | Novinar

Zwischen den Kulturen

"Ex-Yugos" - Geschichte, aber lebendig

Zu den Migranten und Migrantinnen in Deutschland zählen auch diejenigen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Mit einer Anzahl von etwa 1,4 Millionen (Stand 2001) sind sie nach den Türkinnen und Türken die zweitgrößte Ausländergruppe hierzulande. Trotzdem spielen sie in den hiesigen Medien kaum eine Rolle.

Der Berliner Journalist Rüdiger Rossig hat nun vergangenes Jahr das Dokumentarbuch „Ex-Yugos“ herausgebracht. Der Autor ist selbst Teil der Balkanszene in Berlin, bereist seit 20 Jahren Jugoslawien und seine Nachfolgestaaten und hat Balkanwissenschaften studiert. Er kennt also die Geschichte der Gegend und die Hintergründe der Konflikte, die nicht erst mit dem Krieg 1991 begannen.

Dementsprechend vielschichtig sind die Informationen und Themen, die das ansprechend bebilderte Buch liefert: Im ersten Teil stattet Rossig seine Leser mit Fakten aus. Wer jetzt ans Schulgeschichtsbuch denkt liegt falsch. Denn Rossig geht eben nicht mit Tabellen und Quellen ans Werk, sondern macht Geschichte durch zahlreiche Porträts lebendig. Man fühlt sich nah an den Menschen und hat Spaß beim Lesen. So lernt man die Lage der Gastarbeiter kennen, die schon während des Wirtschaftswunders nach Deutschland kamen. Und die der Flüchtlinge, die vor Krieg und Chaos in den 90er Jahren flüchteten, als der sozialistische Vielvölkerstaat Jugoslawien kollabierte.

Integration - eine Frage der Zeit

Der Krieg und der damit einhergehende Hass brachte auch die in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migrantenin in einen Konflikt: Sie spalteten sich in einzelne Grüppchen - in eine bosnische, kroatische und serbische Szene. Heute, so schreibt Rossig, sei das glücklicherweise wieder anders. Vor allem die Kinder der Gastarbeiter haben sich in Deutschland eingelebt. „Die meisten von unseren Leuten sind mittlerweile echte Berliner, haben sich voll in die Gesellschaft integriert,“ meint etwa Robert Šoko, Gründer des Soundsystems Balkan-Beats, in einem der Interviews.

Auch die Geschichte der 22-jährigen Vesna Jantja Ockenga ist ein Beispiel dafür, wie sich die junge Generation eingelebt hat. Ihre Großeltern sind in den sechziger Jahren nach Bayern gekommen. Vesna lebt dort seit ihrer Geburt. Weil ihre Eltern beide arbeiteten, haben ihre Großeltern oft auf sie und ihre Geschwister aufgepasst und ihr die serbokroatische Sprache und Lebensart beigebracht. Heute engagiert sie sich in der Balkan Black Box – einem jährlichen Festival für Film und Kultur aus Südeuropa. Der Balkan, die Heimat ihrer Großeltern, ist ein Teil von ihr, dennoch ist sie fest in Deutschland verankert. Integration ist eben auch eine Frage der Zeit.

erschienen auf http://www.du-machst.de