Drei Wochen nach Beginn der Nato-Luftangriffe auf Restjugoslawien meldete das Bündnis gestern morgen stolz die Zerstörung der serbischen Erdölindustrie. Präsident Milosevic' Truppen setzten derweil davon völlig unbeeindruckt die "ethnische Säuberung" des Kosovo von seinen albanischen Bewohnern fort. Kein Zweifel: Der Plan, den Krieg in der südserbischen Provinz durch gezielte Schläge aus der Luft zu beenden, ist gescheitert. Und damit steht - ob man das gut findet oder nicht - der Einsatz von Nato-Bodentruppen auf der Tagesordnung. Mit allen Risiken für den Weltfrieden.
Das Treffen von US-Außenministerin Madeleine Albright mit ihrem russischen Kollegen Igor Iwanow gestern in Oslo ist ein Beweis dafür, daß dieses Risiko den Führern beider Mächte zu hoch ist. Auch daß UN-Generalsekretär Kofi Annan sich zur gleichen Zeit nach drei Wochen des Schweigens zu Wort meldete und sich als Verhandlungsführer anbot, ist ein Indiz dafür, daß die internationale Gemeinschaft gestern mittag bereit war, einen neuen diplomatischen Vorstoß zu unternehmen.
Am Nachmittag jedoch zeigte sich, daß Albright, Iwanow und Annan ihre Rechnung ohne den Wirt gemacht hatten. Denn während die beiden Außenminister noch zusammensaßen, meldeten Mitarbeiter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE, jugoslawische Armee-Einheiten hätten die Grenze Albaniens überschritten.
Im Klartext heißt das: Statt die Chance für eine nichtmilitärische Lösung zu nutzen, bleibt Jugoslawiens Präsident bei seinem Eskalationskurs. Milosevic will keine friedliche Lösung, im Gegenteil: Ziel des jugoslawischen Vorstoßes auf das Territorium eines am Kosovo-Konflikt unbeteiligten anderen Staates kann nur die Provokation einer weiteren Eskalation sein. Darauf darf sich die internationale Gemeinschaft auf keinen Fall einlassen. Jetzt müssen Albright, Iwanow und ihre Kollegen einen kühlen Kopf bewahren - und weiter an einer diplomatischen Lösung auf dem Balkan arbeiten. Das mag eine begrenzte militärische Aktion zur Befriedung der albanischen Grenze beinhalten. Wichtiger aber ist, daß eine Person von nun an von allen zukünftigen Gesprächen ausgeschlossen wird: Slobodan Milosevic. Denn der hat heute wieder einmal bewiesen, daß er keinen Frieden will.