Die BewohnerInnen der international nicht anerkannten "Serbischen Republik Krajina" im Südwesten Kroatiens sollen nach dem Willen ihres selbsternannten "Parlamentes" am 19. und 20. Juni in einem Referendum ihren Zusammenschluß mit den serbisch besetzten 70 Prozent der unabhänigen Republik Bosnien-Herzegowina beschließen. In Petrinja, wenige Kilometer vom ersten Posten der kroatischen "Nationalgarde" entfernt, verwiesen nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP rund 100 anwesende "ParlamentarierInnen" ausdrücklich darauf, daß der Zusammenschluß mit den bosnischen SerbInnen ein weiterer Schritt in Richtung auf einen groß-serbischen Staat unter Einschluß der ehemaligen jugoslawischen Republiken Serbien und Montenegro sei. Schon Anfang April hatten sich die "Parlamente" der bosnischen und kroatischen SerbInnen vereinigt.
In den serbisch besetzten Gebieten der mittlerweile unabhängigen ex-jugoslawischen Republiken Kroatien und Bosnien-Herzegowina leben runde 2 Millionen SerbInnen. Hauptstadt der neuen "Serbischen Republik" soll nach dem Willen der Krajiner "Parlamentarier" das nordbosnische Banja Luka werden. Dort soll schon am 28. Juni ein gemeinsamer "Präsident" für den neuen "Staat" bestimmt werden.
Das angestrebte Referendum kann nach Ansicht des Beautragten für zivile Kontakte der UN- Schutztruppen für das ehemalige Jugoslawien (Unprofor), Cedric Thornberry, zu einem zweiten Krieg zwischen den beiden ex-jugoslawischen Republiken Serbien und Kroatien führen. In einer ersten Reaktion auf die Ankündigung des Referendums durch die Versammlung in Petrinja hatte der kroatische Präsident Franjo Tudjman am Sonntag in der Hauptstadt Zagreb angekündigt, Kroatien werde "alle Mittel anwenden, um seine territoriale Integrität zu bewahren." Tudjman verwies auf den Friedensplan des UN-Vermittlers Cyrus Vance für Kroatien, in dem eine allmählich Rückkehr der nach wie vor von serbischen Milizen kontrollierten 30 Prozent Kroatiens unter die Kontrolle Zagrebs vorgesehen sind.
Die SerbInnen der Krajina hatten sich 1991 für unabhänig erklärt, nachdem die Republik Kroatien ihre Sezession von der jugoslawischen Föderation beschlossen hatte. Nominell ist die Krajina seit dem Ende des ersten serbo-kroatischen Krieges im Frühjahr 1992 von Unprofor-Truppen besetzt, denen allerdings nie eine echte Kontrolle der Gebiete gelang. Seit der Ablehnung des Vance-Owen- Friedensplanes für Bosnien durch ein Referendum der dortigen SerbInnen kommt es vermehrt zu Zusammenstößen von Milizen der Krajina mit der kroatischen Armee. Ein im April in Genf vereinbarter Waffenstillstand wurde nie ratifiziert.
Derweil geht die Offensive der bosnischen SerbInnen im Osten der ex-jugoslawischen Republik weiter. Nach Angaben von Amateurfunkern in der seit Wochen umkämpften UN-Schutzzone Gorazde im Osten Bosniens wurden am Wochenende 42 muslimische Dörfer durch serbische Verbände zerstört. Trotz wochenlanger Verhandlungen mit den Belagerern der Stadt war es UN-Vertretern weiterhin unmöglich, Gorazde zu erreichen. Der selbsternannte "Präsident" der bosnischen SerbInnen, Radovan Karadzic, hatte die Entsendung von UN-Militärbeobachtern nach Gorazde schon letzte Woche ausdrücklich erlaubt.
Am Freitag erklärte der UN-Sicherheitsrat Gorazde und sieben weitere bosnische Städte zudem formell zu UN-Schutzzonen. Nach dem Beschluß sollen bis zu 10.000 neue Blauhelme zum Schutz der Schutzzonen nach Bosnien entsandt werden. Aus UN-Kreisen in Sarajevo verlautete am Samstag jedoch, der serbisch-bosnische General Ratko Mladic sei derzeit für neue Verhandlungen über eine Duchfahrtserlaubnis nicht zu erreichen. Auch die Kämpfe zwischen kroatischen und bosnischen Truppen in der herzegowinischen Stadt Travnik haben sich seit Freitag erneut verschärft.