Rüdiger Rossig | Journalist | Novinar

Minderheitenrechte für Kroatiens Serben

UNO verhandelt über Autonomie innerhalb Kroatiens - US-Vize Al Gore hofft auf "baldige und gerechte Lösung" in Bosnien - Serbenführer Karadzic darf trotz Strafanzeige nach New York reisen | Von Rüdiger Rossig und Andreas Zumach

Die Verhandlungen über eine Beilegung des Konflikts zwischen der kroatischen Regierung und den Krajina-Serben wurden am Montag in Genf fortgesetzt. So bemühte sich der Stellvertreter des UNO-Unterhändlers Cyrus Vance, Herbert Okun, sowie der bei der internationalen Jugoslawienkonferenz für Minderheitenprobleme zuständige deutsche Botschafter Geert Ahrens, Vertreter der Krajina-Serben für das von den UNO-/EG-Vermittlern vor drei Wochen in New York vorgelegte Autonomiekonzept zu gewinnen. Dieses Konzept sieht weitgehende Minderheitenrechte für die Serben als StaatsbürgerInnen des Staates Kroatiens vor. Die Serben beharren jedoch nach wie vor auf einer Regelung, die praktisch der Anerkennung der international nicht anerkannten "Republik Krajina" als eigenständigem Staat gleichkäme.

Heute wollen Okun und Ahrens in Verhandlungen mit dem kroatischen Verteidigungsminister Gojko Susak darauf dringen, daß die Regierung in Zagreb ihre Truppen wieder hinter die bis zum Wiederbeginn des Krieges am 22. Januar gültige Linie zurückzieht. Bisher ist Kroatien lediglich zu einem Rückzug der Truppen um zehn Kilometer hinter die derzeitige Front bereit.

Die seit dem 7. Februar unterbrochenen Bosnien-Verhandlungen sollten gestern abend in New York mit einem Treffen zwischen Präsident Alija Izetbegovic und den beiden Vermittlern von UNO und EG, Cyrus Vance und David Owen wiederaufgenommen werden. Am Verhandlungsort war am Wochenende nach dem bosnischen Kroatenführer Mate Boban auch Serbenchef Radovan Karadzic eingetroffen. Zuvor hatte die US-Regierung ihn wissen lassen, daß er während seines Aufenthalts in den USA nicht mit einer Festnahme rechnen müsse. Zwei Privatpersonen hatten Karadzic als Verantwortlichen für Massenvergewaltigungen und andere Kriegsverbrechen angezeigt und seine Festnahme verlangt.

Bei einem Treffen mit Izetbegovic in Washington hatte US-Vizepräsident Al Gore am Sonntag die "Hoffnung" geäußert, daß diese Verhandlungsrunde "bald eine gerechte und dauerhafte Lösung" des Bosnien-Konflikts bringen werde. Vance und Owen lassen seit Tagen die Erwartung verbreiten, die Bosnien-Verhandlungen könnten noch im März, möglicherweise schon bis Mitte des Monats, mit der Unterschrift aller drei Seiten unter ein Abkommen beendet werden. Aus der bosnischen Regierungsdelegation heißt es, Präsident Izetbegovic sei inzwischen bereit, ein Abkommen auf der Basis des Vance-Owen-Plans zu unterzeichnen, Außenminister Haris Silajdzic lehne dies jedoch strikt ab. Bis gestern war nicht klar, wer in den nächsten Tagen in New York für die bosnische Regierung verhandeln wird und ob es zu einem direkten Treffen mit Serbenführer Karadzic kommt.

US-Präsident Bill Clinton hat in einem Brief den serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic gewarnt, Gewalt in der mehrheitlich von Albanern bewohnten Region Kosovo anzuwenden: "Im Falle eines Konflikts im Kosovo wären die USA bereit, militärische Einheiten gegen die Serben nach Kosovo und sogar nach Serbien selbst zu schicken." Clinton forderte Milosevic außerdem auf, seinen Einfluß auf die bosnischen Serben geltend zu machen, um sie zur Erfüllung ihrer Versprechen und Abmachungen zu bringen.

Donaublockade fortgesetzt

Die Blockade des Donau-Schiffsverkehrs durch restjugoslawische Polizei dauerte auch am Montag an. Nach Angaben der rumänischen Hafenkommandantur an der Schleuse "Eisernes Tor" öffneten serbische Beamte die seit dem vergangenen Dienstag verhängte Sperre am Sonntag nur einmal, um einen bulgarischen Schleppzug durchzulassen. An Bord waren nach serbischen Angaben Lebensmittel. Inzwischen warten zahlreiche Schiffskonvois auf die Weiterfahrt. Rumänien hatte die Schleusen für serbische Schiffe unter Berufung auf die gegen Rest- Jugoslawien verhängte UNO-Wirtschaftsblockade gesperrt. Die Regierung der international nicht anerkannten "Bundesrepublik Jugoslawien" rechtfertigt die Blockade mit der Behauptung, dies sei der einzige Wasserweg zwischen serbischen Donauhäfen und demnach nicht von UNO-Sanktionen betroffen.

Der russische Botschafter in Sofia, Alexander Awdeew, hat am Sonntag abend einen Bericht der Londoner Zeitung Observer dementiert, wonach Rußland hochmoderne Waffen an Serbien geliefert haben soll. "Es gab kein solches Geschäft", erklärte Awdeew im bulgarischen Fernsehen. "Rußland hält sich strikt an das UNO- Embargo" gegen Serbien.
Im Observer hieß es, daß ein Waffengeschäft über Panzer und Raketen im Wert von 360 Millionen Dollar Ende Januar in Rumänien und in Bulgarien ausgehandelt und ein Teil der Waffen schon nach Serbien geliefert worden sei. Der Generalstabschef der bulgarischen Armee, Ljuben Petrow, wußte nichts von dem angeblichen Waffengeschäft.